Aus gegebenen Anlass werden sich sicher einige fragen, was eine Leistungsvereinbarung ist, und wieso diese für euch als Studierende relevant ist. Die Leistungsvereinbarung ist ein Vertrag, der zwischen den österreichischen Universitäten und dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung für drei Jahre geschlossen wird. Die Universitätsfinanzierung, welche unter der letzten Regierung beschlossen wurde, sieht vor, dass sich das Budget für die Universitäten maßgeblich nach der Zahl prüfungsaktiver Studien (mindestens 16 ECTS im Studienjahr) richtet. Für jedes prüfungsaktiv betriebene Studium bekommt die Uni abhängig von der Fächergruppe einen gesetzlich festgelegten Geldbetrag. Auf Grundlage des Wintersemesters 2016/17 wurde im Dezember 2018 für die aktuelle Leistungsvereinbarungsperiode eine “Leistung” an prüfungsaktiven Studien vereinbart, die die Uni für die kommenden Semester erfüllen soll, um besagtes Budget zu erhalten.
Durch im Artikel angeführte Faktoren wie geburtenschwache Jahrgänge, dem neuen Lehramtsstudienplan, Lehrstellenzuwachs, zunehmendem Interesse an FHs, usw. ist die Zahl der Studierenden, die sich überhaupt erst an der Uni inskribieren, gesunken. Gründe dafür sind eindeutig komplexe bildungspolitische Prozesse und Entscheidungen, bei denen die Universität zwar einerseits nur eine von vielen Playern war, aber noch vor der Zeit des jetzigen Rektorats entsprechende Investitionen und Vorarbeit hätte leisten müssen.
Wir lehnen dieses System der Studienplatzfinanzierung daher entschieden ab. Wenn sich weniger Studierende inskribieren ist das nicht die alleinige Schuld der Universität, sondern die Folge von (Bildungs-)Politik und wirtschaftlichen (Fehl-)entscheidungen. Die Uni finanziell dafür zu bestrafen ist unlogisch und inkonsequent. Hier will die Regierung einfach nur sparen und keine Lösungen finden.
Das neue Rektorat widmet sich deshalb dem Ziel, prüfungsinaktive Studierende gezielt zu fördern und hat über die letzten Monate zusammen mit uns als Studienvertreter*innen, dem ÖH Beratungszentrum, der psychologischen Studierendenberatung, disability & diversity sowie vielen anderen Stellen analysiert, was getan werden muss, um dieses wertvolle Potential zu aktivieren. Denn das hartnäckige Klischee, Studierende seien faul und überprivilegiert verflüchtigt sich schnell wenn man sich einmal die Zeit nimmt, sich die Statistiken zur aktuellen Studiensituation anzusehen. Hier ein paar Zahlen (die dieses Frühjahr geupdatet werden):
Laut Studierendensozialerhebung 2015 geben nur 10% der Studierenden in Salzburg ausschließlich personenbezogene Gründe an, wenn es um Zeitverlust im bisherigen Studium geht. 69% geben an, dass entweder rein studienbezogene Gründe oder eine Kombination aus personen- und studienbezogenen Gründen zu Zeitverlust im bisherigen Studium geführt haben. 27% geben stressbedingte gesundheitliche Beschwerden an. 43% haben mindestens eine psychische Beschwerde genannt, 22% nannten Versagensängste und/oder Prüfungsangst. 41% nennen als beeinträchtigungsbedingte Schwierigkeit im Studium die Studienorganisation.
Um also Prüfungsaktivität zu steigern, haben wir uns auf verschiedene Zielsetzungen geeinigt, deren Umsetzung unabdingbar sind, um ein effizientes Studium zu ermöglichen. Hier ein paar Beispiele:
- STEOP-Veranstaltungen, sowie Pflichtveranstaltungen jeder Art müssen überschneidungsfrei angeboten werden
- Prüfungstermine sollen in allen Studiengängen satzungskonform angeboten werden - das heißt laut §15 der Satzung der Universität Salzburg. Anfang, Mitte und Ende des Semesters muss es Prüfungstermine geben, die so “gestaffelt sind, dass den Studierenden nach Zeugnisausstellung der vorhergehenden Prüfung die Anmeldung (§§ 16 und 17 der Satzung) zum nächstfolgenden Termin möglich und eine angemessene Vorbereitungszeit von zumindest 14 Tagen gewährt ist. Zusätzliche Prüfungstermine dürfen u.a. auch in der lehrveranstaltungsfreien Zeit abgehalten werden.”
- “Frühwarnsysteme” bei Nichtbestehen von Prüfungen, um Studierenden Hilfestellung zu geben und so den Leistungsdruck zu entlasten und Prüfungsphobie zu verhindern.Optimal wäre eine Verpflichtung zum Angebot: Qualifizierte Personen sollen Studierenden nach dem zweimaligem Nichtbestehen der Prüfung initiativ ein Gesprächsangebot und Hilfestellung unterbreiten.
Wichtig ist, dass sich alle Fachbereiche der Universität den Maßnahmenkatalog selbstkritisch vornehmen und gemeinsam mit den Studienvertretungen umsetzen.
Des Weiteren fordern wir unbeschränkte Prüfungsantritte. Druck führt nur zu noch mehr Druck und nicht zu Entlastung. Außerdem den Abbau von Voraussetzungsketten. Die Statistik zeigt, dass die Prüfungsaktivität vor allem in den höheren Semestern abnimmt. Hier wollen wir eine richtige Entlastung sehen, die von allen Lehrenden der Universität mitgetragen werden muss und entsprechende Updates für Curricula durchgeführt werden.
ABER: All diese Maßnahmen kosten Geld. Betreuung muss bezahlt werden. Jeder zusätzlich abgehaltene Kurs muss finanziert werden. Wenn die Regierung die Universität jedoch finanziell nicht ausreichend unterstützt, wirkt sich das am Ende vor allem negativ auf die Studiensituation aus. Die Uni Salzburg verliert als Standort nicht nur im internationalen Vergleich an Attraktivität, sondern wird infolge dessen auch weiterhin mit sinkenden Studierendenzahlen zu kämpfen haben. Doch wer als Staat eine innovative, moderne Gesellschaft will, als Forschungsstandort die Zukunft maßgeblich mitgestalten will und in allen Lebensbereichen qualifizierte Arbeitskräfte fordert, muss in Universitäten investieren - und damit unweigerlich in uns als Studierende.
Das neue Rektorat der Universität hat viele wichtige Pläne, die sich nur dann umsetzen lassen, wenn eine ausreichende Finanzierung gesichert ist. Gerade im Bereich der Studierbarkeit sollen viele Veränderungen zum Positiven hin geschehen - die allerdings durch die Leistungsvereinbarung gefährdet sind. Wir begrüßen die Vorstöße von Rektor Lehnert und den Vizerektor*innen. Allerdings werden wir natürlich kritisch verfolgen, ob diese gelingen und im Interesse der Studierenden sind.
Dieses Thema ist sehr komplex und lässt sich nicht so einfach zusammenfassen.
Für uns gilt: Das Rektorat ist auf eine gute Kooperation mit den StVen, der FVen und UV angewiesen. Nur wenn mit allen zusammengearbeitet wird, können die Ziele im Rahmen der Möglichkeiten umgesetzt werden.